Legacy-IT modernisieren, ohne den Überblick zu verlieren

Alte Technologien haben oft ihre Stärken. Legacy-Systeme wie Mainframes sind stabil, leistungsfähig und über Jahrzehnte hinweg optimiert worden. Sie bilden in vielen Unternehmen das Fundament der IT. Doch in einer Welt, die immer stärker von Agilität, Cloud-Computing und datengetriebenen Entscheidungen geprägt ist, können selbst diese robusten Systeme zur Herausforderung werden. Unternehmen stehen dabei vor der Aufgabe, alte und neue IT-Welten miteinander zu verbinden – ein Balanceakt, der nur mit klarer Strategie und gezieltem Handeln gelingt.

Legacy heisst nicht ineffizient – aber eingeschränkt

Legacy-Systeme werden oft missverstanden. Sie sind weder manuell noch langsam – im Gegenteil. Viele dieser Systeme sind hochautomatisiert, spezialisiert und bieten eine beeindruckende Stabilität. Besonders in kritischen Bereichen wie Banken, Versicherungen oder der Logistik sind sie unverzichtbar. Doch ihre Konstruktion stammt aus einer Zeit, in der IT-Infrastrukturen statisch waren und nicht ständig an neue Anforderungen angepasst werden mussten.

Das Problem mit Legacy-Systemen liegt also nicht in ihrer Leistungsfähigkeit, sondern in ihrer Anpassungsfähigkeit. Sie wurden für eine spezifische Umgebung geschaffen – und diese hat sich grundlegend verändert. Heute braucht es nahtlose Integration mit Cloud-Diensten, APIs und modernen Plattformen. Hier stossen Legacy-Systeme an ihre Grenzen.

Warum Legacy-IT teuer wird

Auch wenn Legacy-Systeme effizient arbeiten, können sie versteckte Kosten verursachen, die Unternehmen langfristig belasten.

  1. Doppelbetrieb erhöht die Kosten
    Neue Systeme ersetzen alte nicht von heute auf morgen. Stattdessen laufen sie oft über Jahre parallel. Währenddessen fallen Kosten für den Betrieb, die Wartung und den Support der alten Systeme an, zusätzlich zu den Investitionen in die neuen Technologien. Diese „doppelte Belastung“ führt zu einer angespannten Budgetlage und einem erhöhten Koordinationsaufwand.

  2. Verlust von Know-how
    Die Spezialistinnen und Spezialisten, die diese Systeme ursprünglich entwickelt haben, sind häufig nicht mehr im Unternehmen. Pensionierungen oder Stellenwechsel führen dazu, dass wertvolles Wissen verloren geht. Jedes Update, jede Reparatur oder Anpassung wird dadurch zu einem zeit- und kostenintensiven Projekt, das oft externe Expertise erfordert.

  3. Fehlende Flexibilität
    Legacy-Systeme wurden für spezifische Aufgaben entwickelt und sind oft monolithisch aufgebaut. Das macht sie robust, aber schwer anpassbar. Anforderungen wie die Integration von Echtzeitdaten, KI-gestützte Analysen oder die Verbindung mit modernen Plattformen können nur mit grossem Aufwand umgesetzt werden.

Balanceakt der IT-Modernisierung

Die grösste Herausforderung bei der Modernisierung ist der Übergang von bewährten Technologien zu neuen Lösungen, ohne die Stabilität des laufenden Betriebs zu gefährden. Hier zeigt sich oft eine paradoxe Realität: Während die neue Technologie eingeführt wird, bleibt das alte System weiterhin das Rückgrat des Unternehmens.

Ein Beispiel aus der Praxis: Eine Bank möchte die Kundenerfahrung verbessern und führt eine moderne App ein. Doch die Kernsysteme im Hintergrund, die Transaktionen abwickeln oder Konten verwalten, basieren auf einem Mainframe aus den 1980er Jahren. Die Integration dieser beiden Welten wird teuer, langwierig und blockiert oft das volle Potenzial der neuen Technologie.

5 Schritte um IT zukunftssicher zu machen

Eine erfolgreiche Modernisierung erfordert mehr als den Kauf neuer Technologien. Sie braucht eine klare Strategie, die alle Beteiligten einbindet und sowohl alte als auch neue Stärken nutzt. Die folgenden sechs Schritte helfen dabei:

  1. Systeme bewerten

    Nicht alles Alte muss ersetzt werden. Viele Legacy-Systeme sind noch funktional und können bei richtiger Integration weiterhin Mehrwert bieten. Unternehmen sollten daher eine gründliche Analyse durchführen, um festzustellen, welche Systeme noch strategisch wertvoll sind. Dabei hilft eine Priorisierung: Welche Systeme sind für die Kunden oder Kernprozesse entscheidend?

    Diese Bewertung sollte nicht nur technische Aspekte berücksichtigen, sondern auch geschäftliche. Ein System, das seit Jahrzehnten stabil läuft, kann für bestimmte Aufgaben weiterhin die beste Wahl sein – sofern es sich sinnvoll integrieren lässt.

  2. Integration statt Abriss

    Die sofortige Abschaltung von Legacy-Systemen ist selten praktikabel. Stattdessen sollten Unternehmen auf Brückenlösungen wie Middleware oder APIs setzen. Diese schaffen Schnittstellen zwischen den alten und neuen Systemen und ermöglichen eine schrittweise Transformation.

    Ein Beispiel: Middleware kann dafür sorgen, dass ein altes ERP-System Daten mit einer modernen Cloud-Anwendung austauscht, ohne dass das Legacy-System komplett ersetzt werden muss. Das reduziert die Risiken und gibt dem Unternehmen Zeit, die neuen Technologien zu testen und zu optimieren.

  3. Zusammenarbeit fördern

    Eine erfolgreiche IT-Modernisierung lebt von der Zusammenarbeit zwischen den alten und neuen Teams. Die Entwicklerinnen und Entwickler, die Legacy-Systeme betreuen, haben oft tiefgehendes Wissen über die Funktionsweise dieser Systeme. Gleichzeitig bringen die neuen Teams frische Perspektiven und moderne Ansätze mit.

    Diese Zusammenarbeit muss auf Respekt basieren. Alte Systeme sind nicht „veraltet“, sondern hochspezialisierte Technologien, die ihren Zweck erfüllen. Wenn beide Teams ihre Stärken kombinieren, entsteht eine Synergie, die die Modernisierung erheblich beschleunigen kann.

  4. Wissen sichern

    Der Verlust von Know-how ist eine der grössten Gefahren bei der Modernisierung. Unternehmen sollten daher frühzeitig Massnahmen ergreifen, um Wissen zu dokumentieren und weiterzugeben. Dazu gehören beispielsweise die fetaillierte Dokumentation bestehender Systeme und Prozesse, Workshops und Schulungen für alte und neue Mitarbeitende und Mentoring-Programme, bei denen erfahrene Teammitglieder ihr Wissen an die nächste Generation weitergeben

  5. Erfolg messen

    Eine Modernisierung ohne klare Ziele ist zum Scheitern verurteilt. Unternehmen sollten daher Key Performance Indicators (KPIs) definieren, um den Fortschritt zu messen.

    Beispiele für solche KPIs:

  • Reduktion der Betriebskosten

  • Schnellere Durchlaufzeiten bei Prozessen

  • Reduktion von Systemausfällen oder Fehlerquoten

Durch regelmässiges Monitoring können Unternehmen sicherstellen, dass die Transformation die gewünschten Ergebnisse liefert – und rechtzeitig nachsteuern, wenn nötig.

Transformation braucht einen langen Atem

Die Wahrheit ist: Eine vollständige Ablösung von Legacy-Systemen ist oft nicht kurzfristig realisierbar. Doch das muss kein Hindernis sein. Mit einer durchdachten Strategie können Unternehmen die Vorteile beider Welten kombinieren und schrittweise in die digitale Zukunft übergehen.

Dabei ist es entscheidend, den Übergang aktiv zu gestalten. Alte Systeme müssen nicht zwangsläufig abgeschaltet werden – sie können weiterhin einen wichtigen Beitrag leisten, solange sie sinnvoll integriert sind.

Am Ende entscheidet nicht die Technologie allein über den Erfolg, sondern die Menschen und Prozesse dahinter. Eine Transformation, die Respekt für das Bestehende mit einer Vision für die Zukunft verbindet, hat die besten Chancen, langfristig erfolgreich zu sein.

Sind Sie bereit für die Zukunft?

Legacy-Systeme sind mehr als ein Relikt der Vergangenheit. Sie sind ein Beweis dafür, wie wichtig Stabilität und Spezialisierung in der IT sind. Mit der richtigen Strategie können Unternehmen aus beiden Welten das Beste herausholen – und sich zukunftssicher aufstellen.

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